Wir müssen mal über den Journalismus reden – oder über das, was davon übrig ist. Ich bin da gerade echt besorgt und in der heutigen Solo-Episode der “Casa Casi” verrate ich euch dann auch, wieso ich da so empfinde.
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Eins vorweg: Zum Thema Journalismus könnte man massig Ideen entwickeln, wie ein Artikelbild auszusehen hat. Man hätte auch ein Bild von Robert Habeck nehmen könnte, der derzeit völlig ungerechtfertigt von manchen Medien demontiert wird.
Aber da wir hier so eine schöne Tradition haben von herrlich schlechten Artikelbildern, habe ich mich für ein ganz stumpfes Stock-Foto eines Römertopfs entschieden. Dieser Römertopf spielt auch tatsächlich in der heutigen Podcast-Folge eine Rolle – ich erkläre es euch kurz:
Der Zustand des Journalismus, erklärt am Römertopf-Beispiel
Der Römertopf ist ein deutscher Küchenklassiker. Hergestellt seit vielen, vielen Jahren von Römertopf Keramik. Jetzt ist das Traditionsunternehmen insolvent, nachdem seit den 70ern 50 Millionen der augenscheinlich einst beliebten Römertopf-Bräter verkauft werden konnten.
Wie immer ist es tragisch, wenn ein Unternehmen in die Pleite rauscht und neben Tradition auch Arbeitsplätze verloren gehen. Dennoch empfiehlt es sich, ein wenig genauer hinzuschauen, wieso es dazu kommen konnte.
Für Geschäftsführer Frank Gentejohann, der gegenüber der Wirtschaftswoche ein paar O-Töne raushaute, ist der Schuldige schnell gefunden. Ich zitiere mal aus dem Wirtschaftsmagazin:
Laut Gentejohann kämpfte das Unternehmen nach sehr guten Entwicklungen in den Jahren 2017 bis 2021 seit Beginn des Krieges in der Ukraine mit einem starken Umsatzrückgang. Parallel dazu seien die Erträge aufgrund der Kostenexplosionen bei Energie, Rohstoffen, Löhnen und Produktionsmitteln eingebrochen.
Ein recht gutes Weihnachtsgeschäft 2022 habe zwar wieder Hoffnung gegeben, so Gentejohann. Diese Hoffnung habe sich aber seit der Ankündigung des neuen Heizungsgesetzes durch die Politik zerschlagen. In der Folge sei erneut zu einem „massiven Nachfrageeinbruch aufgrund der Verängstigung der Verbraucher“ gekommen.
Aha, es ist also das Heizungsgesetz und damit wieder einmal vor allem Robert Habeck, der ein weiteres Traditionsunternehmen auf dem Gewissen hat. Um das einordnen zu können, solltet ihr euch vielleicht mal das LinkedIn-Profil des Kameraden Gentejohann anschauen. Grünen-Bashing, Reitschuster, AfD-Propaganda – dort findet sich alles, was das Hetzer-Herz begehrt.
Das ist okay, jeder blamiert sich im Netz halt, so gut er kann und hat das vollste Recht dazu. Aber, und da setzt meine Journalismus-Kritik an: Gerade bei so einem Kandidaten müssen die Aussagen wie die zum Insolvenzgrund Heizungsgesetz unbedingt eingeordnet werden. Das geschieht aber weder bei der Wirtschaftswoche, noch bei den unzähligen Medien, die diese brisante Aussage aufnehmen und weiter verbreiten.
Ich spreche im Podcast darüber, wie wir einen viel zu sehr an Trump erinnernden Ton in der Politik vernehmen. Dass die AfD rhetorisch längst jenseits von Gut und Böse ist – geschenkt. Aber eben auch CDU, CSU und in Teilen FDP sind mit teils absurdestem Wording und übelster Polemik unterwegs und verlassen den Boden der Fakten teilweise erschreckend deutlich.
Ja, auch Journalisten wollen von ihrer Arbeit leben können und müssen ihren Output dementsprechend präsentieren, dass er auch geklickt wird. Aber deswegen muss man doch nicht unwahre Behauptungen zitieren und dadurch dafür sorgen, dass ausgerechnet Politiker:innen der Parteien, die diese falschen Narrative etablieren, sich dann auf entsprechende Berichte stürzen. Beispiel Julia Klöckner:
Es ist meiner Meinung nach verachtenswert, dass sich in der Politik aus Ideologie- und parteipolitischen Gründen so äußert, wie sie das derzeit tut. Deswegen hat es auch Robert Habeck in die Sub-Headline geschafft, weil er derzeit das mit Abstand beliebteste Ziel des politischen Gegners ist.
Es macht mich wahnsinnig, dass das derzeit so abläuft, und es macht mich noch wahnsinniger, was die Presse mit diesen Aussagen anfängt. Journalismus muss solche Politiker:innen stellen, die Aussagen entlarven, geraderücken, einordnen.
Stattdessen wird ein dankbarer Klick-Pöbel befriedigt, der nach genau diesen Schlagzeilen lechzt. Es ist ja so schön einfach, wenn man mit dem Finger auf diesen Feind – wahlweise nur Robert Habeck, oder die ganze Partei bzw. die komplette Ampel-Regierung – zeigen und für die eigene Misere verantwortlich machen kann.
Ich sage es ja im Podcast: Römertopf Keramik beklagte bereits im letzten Jahr einen Umsatzrückgang um 40 Prozent und hat ein Drittel der Belegschaft auf die Straße setzen müssen. So grundsolide scheint es bei diesem Unternehmen also vorher schon nicht gelaufen zu sein.
Ich richte mich mit der heutigen Folge an euch alle: Ich habe wenig Hoffnung, dass der Ton in der Politik in absehbarer Zeit moderater wird. Fast noch weniger Hoffnung habe ich, dass Journalismus (ich meine es nicht wirklich so pauschal, aber viel zu viele Medien arbeiten halt bewusst mit Clickbait und der Begeisterung für rücksichtsloses Framing) die Kurve kriegt.
Also sind wir hier gefragt. “Wir” meint in diesem Fall “wir, die wir unsere Kreuze an der Wahlurne machen” und “wir, die wir entscheiden, welche Medien wir konsumieren”. Deswegen appelliere ich an euch, dass ihr bei der Meinungsbildung nicht in diese politischen Fallen tappt und mit mehr Besonnenheit versucht, Themenkomplexe zu verstehen.
Wir könnten ja mal darüber reden, welche Medien ich konsumiere, welchen Menschen ich folge usw., um euch einen Überblick zu verschaffen, wie ich für mich zumindest glaube, mich einigermaßen neutral zu informieren. Oder besser noch: Wir listen euch auf – also inklusive Fabi und Palle – welche Newsquellen uns wichtig sind. Lasst uns wissen, ob ihr da Bock drauf habt, oder eher nicht.
Unabhängig davon müssen wir uns auf die Kraft besinnen, die wir besitzen. Es ist sicher nicht einfach, einen Kurs zu ändern, indem wir bestimmte Medien konsequent meiden und Politiker:innen etwas entgegensetzen. Aber der stete Tropfen höhlt den Stein und ich halte uns als Gesellschaft für zu intelligent, als dass wir das nicht igendwann hinbekommen sollten.
Ich hoffe, ich bin euch mit diesem Appell und dieser etwas anderen Folge nicht zu sehr auf die Nerven gegangen. Das nächste Mal gibt es dann wieder gewohntes Casa-Casi-Futter, versprochen ;)
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Casa Casi 108: Show Notes
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Ein Tisch, ein rot-weißes Tischtuch, drei Teller Pasta und eine Flasche Wein. Das ist das wöchentliche Setup für ein Gespräch zwischen drei Freunden, die sich über Technik, Musik und manchmal sogar Fußball unterhalten. Die Show dauert nicht länger, als es dauert, einen guten Teller Pasta zu essen. Der Inhalt ist wie eine Mahlzeit – abwechslungsreich und immer unterhaltsam.
Wie kaputt ist der Journalismus?