May 20 • 1HR 1M

Das News-Dilemma

KI, Algorithmen und Elon Musk machen uns das Leben schwer

3
 
0:00
-1:01:18
Open in playerListen on);

Appears in this episode

NextPit Global
Casi
Fabi
Sascha Pallenberg
Ein Tisch, ein rot-weißes Tischtuch, drei Teller Pasta und eine Flasche Wein. Das ist das wöchentliche Setup für ein Gespräch zwischen drei Freunden, die sich über Technik, Musik und manchmal sogar Fußball unterhalten. Die Show dauert nicht länger, als es dauert, einen guten Teller Pasta zu essen. Der Inhalt ist wie eine Mahlzeit – abwechslungsreich und immer unterhaltsam.
Episode details
3 comments

Die Medienwelt steht uns offen, wir können jederzeit und überall auf Nachrichten zugreifen. Dennoch haben wir das Gefühl, dass wir nicht besser informiert sind. Wieso das so ist, klären wir in der heutigen Folge des NextPit-Podcasts.

Bevor es loggeht: Ihr findet den Podcast hier oben im Artikel und bei Apple oder Spotify und auf diversen Podcast-Plattformen wie u.a.: Google oder als RSS-Feed.

Wir würden uns riesig freuen, wenn ihr uns weiterhin supportet. Abonniert uns, bewertet und teilt unsere Inhalte und lasst uns wissen, wie euch die Texte und Podcast-Episoden gefallen. Besten Dank dafür!

Wisst Ihr, wie ich – geboren 1971 – medientechnisch groß geworden bin? Es gab drei TV-Programme (ARD, ZDF und ein drittes, lokales Programm, bei uns halt WDR), außerdem gab es die Tageszeitung. Die meiste Zeit, so wie ich mich erinnere, hatten wir zwei verschiedene Tageszeitungen, irgendwann kam die Bild-Zeitung dazu. Und ja, die war damals deutlich weniger verpönt, obwohl sie auch damals schon nicht deutlich weniger schlimm war als heute.

Das bedeutet: Wollte ich erfahren, was in der Welt los ist, war die Tagesschau um 20:00 Uhr mein Fenster zur Welt. Darüber hinaus wartete man eben ab bis zum nächsten Tag, damit man es ausführlich in der Zeitung nachlesen konnte.

Habt ihr euch die oben eingebundene Tagesschau aus dem Jahr 1977 spaßeshalber mal reingezogen? Ich finde es gerade fast ein bisschen lustig, dass dort tatsächlich der Begriff “Wärmepumpe” fällt. Aber zurück zum Thema: Mit Blick auf diese Zeitreise in die späten Siebziger muss ich euch ja nicht verraten, dass das Nachrichten-Angebot seitdem um ein Vielfaches gewachsen ist.

News, News, News im Überfluss

Schaue ich in meinen Reader namens Feedly, finde ich News im Überfluss. Dort habe ich deutsche Tageszeitungen und Magazine, aber ich schaue auch über den Tellerrand nach Österreich und in die Schweiz und lese englischsprachige Zeitungen wie den Guardian. Einfach, weil es hilfreich ist, Dinge nicht nur aus der deutschen Erzählung und Sichtweise heraus zu betrachten.

Aber dennoch fürchte ich, dass wir insgesamt nicht besser informiert sind als früher – oder zumindest nicht so gut informiert, wie wir sein könnten. Daran sind wir teilweise selbst schuld. Weil wir es uns nämlich in unseren Bubbles gemütlich gemacht haben. Ich bin eher nicht dafür bekannt, in einer rechtskonservativen oder gar völkischen Blase zu leben. Dementsprechend lese ich nicht die Springer-Presse (wie Bild oder Welt), die a) linksgrüner Politik nicht so wirklich zugetan ist und dazu unanständiges Framing betreibt.

Aber genügend andere Menschen lesen dieses Zeug und dadurch, dass man in der eigenen Wahrnehmung nur Menschen zu treffen scheint, die ähnlich ticken, glauben diese Leute, dass die ganze Welt über Deutschland lacht, alle die Grünen für die Zerstörer Deutschlands halten und Themen wie Veganismus oder Gendern die bestimmenden in diesem Land sind.

Das ist also der Teil, den wir selbst verbocken, indem wir nicht oder zu selten in der Lage sind, über Tellerränder zu schauen und Themen anmessend einzuordnen in ihrer Wertigkeit.

Aber da ist eben auch die technologische Seite der Medaille. Dazu gehört, dass Interaktion gut ist für Reichweite und somit Verdienst der Medien. Also wird ganz bewusst auf Wut gesetzt. Themen zu- oder überspitzt, es gibt das erwähnte Framing – da, wo sich gestritten und beschwert wird, wird eben besonders viel interagiert.

Aber dazu kommt eben auch, dass es uns auch denkbar schwer gemacht wird, umfassend informiert zu werden. Algorithmen bewerten, was wir sehen und was nicht. Das zu wissen gehört für mich auch zur Medienkompetenz. Also, dass wir uns selbst darum zu kümmern haben, umfassend informiert zu werden, weil sich der Algorithmus dafür einen Scheiß interessiert.

Noch schlimmer wird es aber, wenn jemand – wie Elon Musk auf Twitter – persönlich diesen Algorithmus mit beeinflussen kann. Er sorgt gleichzeitig dafür, dass nach Anschlägen Leichen auf Twitter zu sehen sind und rechtspopulistische Stimmen nach oben gespült werden – und unterstützt Regimes wie in China und der Türkei dabei, oppositionelle Stimmen zu unterdrücken.

Wenn wir in der heutigen Folge also erneut über den ganzen Medienzirkus sprechen, dann wieder mit der Intention, euch zu sensibilisieren! Genießt Twitter und Facebook mit Vorsicht (und ja, das gilt natürlich ebenso für LinkedIn, Instagram, TikTok und wo auch immer man sich in sozialen Medien informieren kann).

Behaltet stets im Blick, dass Leute uns durch Framing und Populismus auf eine falsche Fährte und in die Empörung führen wollen. Reflektiert Themen, bevor Ihr auf die Palme geht, hinterfragt die Intentionen jener, deren Beiträge ihr lest. Und behaltet stets im Blick, dass es genügend Leute da draußen gibt, die Geld damit verdienen (oder politisch davon profitieren), dass wir als Bevölkerung gegeneinander aufgehetzt werden.

Ehrlich gesagt teile ich die Hoffnung nicht, dass Twitter allein dadurch auf Kurs gebracht wird, dass künftig mit Linda Yaccarino eine Frau die Geschicke steuert. Schöne Grüße dazu von Tucker Carlson, der seinen billigen Populismus künftig als Show auf Twitter bringen will.

Dennoch bleibt das nach dieser Folge als zweiteiliges Fazit: Die Tech-Unternehmen müssen ihren Kurs korrigieren und Instrumente auf den Weg bringen, die Fakes und aufheizenden Populismus aussortieren.

Aber vor allem müssen wir unseren Medienkonsum beherrschen lernen und unser eigenes Korrektiv werden gegenüber Medien, deren Agenda eine für uns nicht offensichtliche ist. Ich bin gerade ein wenig desillusioniert – allein die derzeitige Medienlage mit der Wahl in der Türkei, Musks offen zur Schau gestelltem Antisemitismus, dem Trumpismus in den USA und der Hetz-Kampagne gegen Habeck im Speziellen und die Grünen im Allgemeinen lassen mich nicht gerade optimistisch in die Zukunft schauen.

Wir – publizierende Menschen wie Fabi, Palle und ich, aber auch informierte Menschen wie ihr alle da draußen – sind da jetzt gefordert. Versteht diesen Beitrag und die Podcast-Folge also auch als Appell und als versuchtes Mut-Machen, um sich den Lügnern, Hetzern und fehlgeleiteten Algorithmen entgegenzustellen!


Abonniert die Casa Casi und unterstützt damit unsere Arbeit. Fettes Dankeschön!

Casa Casi 102: Show Notes

Wir wollen euer Feedback! Diskutiert mit uns unter diesem Beitrag und verratet uns eure Meinung. Ihr könnt euch aber auf WhatsApp, Signal und Threema mit Sprachnachrichten (und natürlich auch Textkommentaren) beteiligen. Wir freuen uns auf eure Reaktionen, auf Lob, Kritik und Verbesserungsvorschläge und natürlich auch auf spannende Themenvorschläge. Hier ist unsere Telefonnummer und unsere Threema-ID für euer Feedback:

  • Telefonnummer: +49 160 98090008

  • Threema-ID: EB6YBNSE

Dir hat diese Ausgabe der Casa Casi gefallen? Dann teile diesen Artikel und unseren Podcast doch mit Deinem Netzwerk. Fettes Dankeschön dafür!

Share